Angesichts von Hochkonjunktur und Vollbeschäftigung einigten sich Gewerkschaftsbund und Wirtschaftskammer Ende 1961 im Raab-Olah-Abkommen, einem Grundstein der Sozialpartnerschaft, auf ein vereinfachtes Verfahren zur Beschäftigung ausländischer ArbeitnehmerInnen. Die Kontingentvereinbarungen mussten allerdings von Anwerbeabkommen mit einzelnen Staaten flankiert werden, um genügend Arbeitskräfte nach Österreich holen zu können: 1962 mit Spanien, das jedoch weitgehend folgenlos blieb, 1964 mit der Türkei und 1966 mit Jugoslawien. Mit den „Gastarbeitern“ aus der Türkei und Jugoslawien wurde Österreich Anfang der 1960er Jahre zum Einwanderungsland – und damit zu einer immer vielfältigeren Gesellschaft.
Der Begriff des „Gastarbeiters“ sollte freundlich und einladend sein, wiewohl Gäste normalerweise nicht arbeiten. Wichtiger war aber wohl – bei aller Dankbarkeit und Einsicht in die Notwendigkeit – klarzustellen, dass es sich nur um einen vorübergehenden Aufenthalt handelte. Bereits Anfang der 1970er Jahre, als die Beschäftigung ausländischer Arbeitskräfte einen ersten Höhepunkt erreichte, hätte allerdings realisiert werden können, dass die Menschen, die man gerufen hatte, nicht alle ohne weiteres wieder gehen würden. Dass Österreich aus eigenem Willen und auf Grund eigener Interessen de facto zu einem Einwanderungsland geworden war, wurde aber konsequent ausgeblendet.
Für das Einfrieren der Zahl ausländischer Arbeitnehmer im Jahr 1974 dürften nicht nur wirtschaftliche Gründe (die sog. Ölkrise) verantwortlich sein. Vielmehr haben wohl auch gesellschaftspolitische Überlegungen eine wesentliche Rolle gespielt. Während einem Viertel der ausländischen Arbeitskräfte die Aufenthalts- und Arbeitsbewilligungen entzogen wurden, kam es jedoch gleichzeitig – als unbeabsichtigte Nebeneffekte – vielfach zur Verstetigung des Aufenthalts und zu verstärktem Familiennachzug.